"Laufen, Lernen, Lachen"

Älterwerden - Franz Müntefering appelliert, engagiert und positiv zu sein

Unterhaltsam und bodenständig sprach der ehemalige Vizekanzler vor gut 100 Gästen überdie älter werdende Gesellschaft und was der Einzelne gegen Demenz und Einsamkeit tun kann.

Bad Soden-Neuenhain: "Selbstbestimmt!" Das sei die Antwort vieler Menschen auf die Frage, wie sie denn alt werden wollen. So erfährt es Franz Müntefering immer wieder. Aber dann zu sagen: "Staat, mach mal"!, das gehe nicht. Da habe jeder auch eine Mitverantwortung, findet der Sozialdemokrat, der sich 2013 aus der aktiven Politik zurückgezogen hat. Zum Thema "Älter werden in unserer Zeit" sprach der 79-jährige für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (Bagso) im Bürgerzentrum Neuenhain. Dahin hatten ihn die Liberalen Senioren (Lis) eingeladen.

Mitverantwortung? Müntefering meint das Ehrenamt. "Viele reißen sich das Maul auf, aber die sollen sich auch mal anstrengen", findet er und erntet dafür Applaus. Auch dann, wenn der Beruf vorbei ist, könne man sich noch engagieren, so wie es zum Beispiel die Grünen Damen tun, die in Krankenhäusern mit Patienten sprechen.

Das Engagement nütze nicht nur der Gesellschaft, sondern auch den Helfenden selber. Drei Dinge gebe es nämlich, die das Älterwerden erleichtern und sogar Demenz vorbeugen:

"Laufen" sei das erste. "Bewegung, ernährt das Gehirn. Am besten ist Tanzen", sagt Müntefering. "Das ist immer die Stelle, wenn die Frauen die Männer anstupsen." Das Publikum lacht. Man könne sich aber auch einfach zum Spazieren verabreden. Viele Menschen würden sagen: "Die sind alle so komisch, die Alten." Aber Müntefering sagt: "Besser mit Seltsamen spazieren gehen als alleine zu Hause sitzen." Denn Einsamkeit sei ein Problem vieler älteren Menschen.

Das zweite sei "Lernen", denn Demenz könnte man überwinden, indem man etwas Neues lernt. Russisch lernen als Rentner ist zu schwer? Von wegen, auf die Motivation komme es an. " Wenn man sich zum Beispiel in eine schöne Russin verliebt, kann man auch noch Russisch lernen."

Wieder hat der Sozialdemokrat die Lacher auf seiner Seite. Wer nicht gerade Russische lernen wolle, könne sich zum Beispiel als Pate um die Bildung der Kinder und Jugendlichen kümmern. So manche machten keine Abschluss. "Die sind nicht blöd, die bekommen nicht genug Unterstützung."

Und das dritte, was beim Älterwerden helfe, sei das "Lachen". Was heiße, man müsse die Dinge mit Humor nehmen. Wie eine 106-Jährige, die sagte: "Ich habe beide Kinder im Altersheim, jetzt kann mir nichts mehr passieren."

Darüber hinaus appelliert er an die richtige Einstellung. Dass jemand, der den Partner pflegt, nicht sagen soll: "Ich opfere mich." Und er mahnt, auch junge Leute ernst zu nehmen, denn das Senioritätsprinzip gelte heute so nicht mehr. Rege beteiligt sich das Publikum nach dem Vortrag: Eine Frau sagt, viele müssten sich um die Enkel kümmern und hätten keine Zeit für ein Ehrenamt. Aber genau dieses Engament habe er auch gemeint, sagt Müntefering. Ein 89-Jähriger sagt, er habe nicht mehr viele Freunde. Da sagt eine Frau aus einer hinteren Reihe:"Sie können auch mit Jüngeren befreundet sein." So entspinnen sich schon die ersten Gespräche und Kontakte noch an diesem Nachmittag.

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